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Cuinn?«
Er schien nicht bei uns zu sein. Kyral, der leicht humpelte, bestand darauf, daß wir nach ihm suchten, aber ich hatte das
Gefühl, daß wir ihn nicht finden würden. »Wahrscheinlich ist er mit seinen Freunden auf und davon«, sagte ich verächtlich
und berichtete von seinen Heimlichkeiten. Kyral machte ein ernstes Gesicht.
»Davon hätte ich wissen sollen«, sagte er, aber dann lenkten uns heftige Schreie vom anderen Ende der Lichtung von
diesem Thema ab. Wir rannten los und stolperten fast über eine einzelne, leblose Gestalt, die ausgestreckt auf dem
Boden lag und mit blinden, toten Augen die Monde anstarrte.
Es war Cuinn. Und man hatte ihm die Gurgel völlig herausgerissen.
6
Als wir den Wald hinter uns gelassen hatten, lag die Straße, die zu den Trockenstädten führte, direkt vor uns. Hier
lauerten keine versteckten Gefahren mehr. Einige Männer hinkten noch ein, zwei Tage und mußten sich schonen, da die
Katzenmenschen ihnen Arm- oder Beinverletzungen beigebracht hatten, aber mir war klar, daß Kyrals Worte der
Wahrheit entsprachen: Eine Karawane, die sich nur eines einzigen Angriffs zu erwehren hatte, konnte von Glück reden.
Cuinn bescherte mir Alpträume. Nachdem ich mich ein, zwei Nächte lang mit seinen zweideutigen Worten beschäftigt
hatte, war ich davon überzeugt, daß seine Zeichen nicht den Katzenmenschen, sondern anderen Leuten gegolten hatten.
Und seine drängende Frage »Wo ist das Mädchen?« ließ mich einfach nicht los, obwohl sie mir auch später nicht klarer
wurde. Mit wem hatte er mich verwechselt? In welche Angelegenheit, glaubte er, war ich verwickelt? Und vor allem: Wer
waren die »anderen«, denen er signalisiert hatte? Warum war er das Risiko eingegangen, von den Katzenmenschen
angegriffen zu werden und den eigenen Tod nicht auszuschließen?
Da Cuinn tot und Kyral der Meinung war, ich hätte ihm das Leben gerettet, lag ein nun großer Teil der Verpflichtung für
die Karawane auf meinen Schultern. Seltsamerweise erfreute ich mich daran und schätzte mich glücklich, so oft wie
möglich meine Rachegedanken, das Bedürfnis, etwas auszuspionieren, und meine drohende Enttarnung zu vergessen.
Während der Tage und Nächte der Reise wurde ich langsam wieder zu dem Trockenstädter, der ich einst gewesen war.
Ich wußte, daß ich es bedauern würde, wenn die Mauern von Shainsa am Horizont auftauchten und mich unweigerlich an
meinen Auftrag erinnerten.
Wir bogen vom geraden Weg nach Shainsa ab und machten einen weiten Bogen, bis Kyral bekanntgab, daß er
beabsichtigte, einen halben oder ganzen Tag in Canarsa, der ummauerten Nichtmenschenstadt, zu verbringen. Sie lag
ein gutes Stück abseits unseres Weges. Als ich ihm offen meine Überraschung zeigte, erwiderte er, er verfüge dort über
Handelsbeziehungen.
»Wir können alle einen Ruhetag gebrauchen. Die Schweigenden werden bei mir einkaufen, auch wenn sie sonst wenig
mit Menschen handeln. Hören Sie, ich bin Ihnen noch etwas schuldig. Sie haben doch Linsen? In Canarsa können Sie
dafür bessere Preise erzielen als in Adcarran oder Shainsa. Kommen Sie, ich werde für Sie bürgen.«
Seit der Nacht, in der ich ihn unter den Katzenmenschen hervorgezogen hatte, war Kyral äußerst freundlich zu mir
gewesen, und ich wußte nicht, wie ich mich ihm nun widersetzen sollte, ohne zu verraten, daß ich nur vorgab, ein
Händler zu sein. Aber in mir machte sich eine tödliche Unruhe breit. Nicht einmal zusammen mit Rakhal war ich in eine
Nichtmenschenstadt eingedrungen.
Die Menschen und Nichtmenschen leben auf Wolf seit Jahrhunderten Seite an Seite. Und der Mensch ist nicht immer
das überlegenere Wesen. Unter den Trockenstädtern und den vergleichsweise dummen Chaks konnte ich als das, was
ich zu sein vorgab, durchkommen, aber Rakhal hatte mich stets gewarnt, den Versuch zu wagen, den Nichtmenschen
zu erzählen, ich sei ein Eingeborener.
Trotzdem schloß ich mich Kyral an und nahm den Kasten mit, der in der terranischen Enklave einen Wochenlohn, in den
Trockenstädten aber ein kleines Vermögen wert war.
Hinter den Stadttoren sah Canarsa aus wie jede andere Ortschaft. Die Häuser waren rund und ähnelten Bienenstöcken.
Die Straßen waren völlig leer. Hinter dem Tor wurden wir von einer vermummten Gestalt begrüßt, die uns mit Zeichen zu
verstehen gab, daß wir ihr folgen sollten. Das Wesen war von Kopf bis Fuß in ein rauhes, glänzendes Gewand aus
Fasern gehüllt. Es wirkte wie ein Sack.
Aber unter der dichten Vermummung war das Grauen. Die Gestalt ging nicht, sondern glitt dahin. Sie hatte weder
menschliche Form noch widerspiegelte sich Menschliches in ihrer Art der Fortbewegung. Der urzeitliche Affenmensch in
mir zog sich in eine Ecke meines Bewußtseins zurück. Er zitterte und schnatterte vor Angst. Nahe an meinem Ohr
murmelte Kyral: »Außenstehende dürfen die Schweigenden in ihrer wahren Gestalt nicht sehen. Ich glaube zwar, daß sie
taubstumm sind, aber Vorsicht ist in jedem Fall geboten.«
»Keine Sorge«, flüsterte ich, froh darüber, daß die Straßen leer waren. Ich ging weiter und versuchte dabei, an den
gleitenden Bewegungen, die das vermummte Ding vor uns machte, vorbeizusehen.
Das Geschäft wurde in einer offenen Reethütte abgewickelt, die aussah, als hätte man sie in aller Eile gebaut. Sie war
weder viereckig noch rund und wies weder ein Sechseck noch sonst irgendeine erkennbare geometrische Form auf.
Möglicherweise folgte sie einem völlig eigenständigen Muster, aber meine Menschenaugen waren nicht fähig, es zu
erkennen.
Kyral flüsterte kaum hörbar: »Sie reißen sie ab und brennen sie nieder, wenn wir gegangen sind. Nach Ansicht der
Schweigenden verschmutzen wir sie zu sehr, als daß sie je wieder betretbar wäre. Meine Familie handelt seit
Jahrhunderten mit ihnen; wir sind fast die einzigen, die die Stadt je betreten haben.«
Dann glitten zwei der Schweigenden von Canarsa zu uns in die Hütte. Auch sie trugen grobe, glänzende Gewänder.
Kyral brach so schnell ab, daß er den Rest seiner Worte förmlich verschluckte.
Es war das seltsamste Geschäft, daß ich je abgewickelt habe. Kyral breitete die kleinen, aus Stahl geschmiedeten
Werkzeuge und feinen Drahtrollen vor sich aus. Ich nahm meine Linsen und ordnete sie zu übersichtlichen Reihen. Die
Schweigenden sagten nichts. Sie bewegten sich auch nicht - aber hinter der dünnen Stelle eines grauen Gewandes sah
ich einen Fleck, der aussah wie ein phosphoreszierendes Auge. Es bewegte sich hin und her, als würde es die vor ihm
ausgebreiteten Waren mit fachmännischem Blick begutachten.
Und dann unterdrückte ich ein Keuchen, denn plötzlich waren zwischen den Warenreihen Lücken. Bestimmte kleine
Werkzeuge - Drahtschneider, Kaliperen und Skalpelle - waren verschwunden, und das gleiche galt für die Feindrahtrollen.
Ebenso gab es zwischen den Linsen freie Stellen; meine gesamten starken Mikroskoplinsen waren nicht mehr da. Ich
sah Kyral kurz an, aber ihn schien dies nicht zu überraschen. Ich erinnerte mich an vage Gerüchte, die ich über die
Schweigenden gehört hatte. Schließlich kam ich zu dem Schluß, daß dies - so unheimlich es auch war nichts anderes
war als ihre Art, Geschäfte zu machen. Kyral zeigte auf eines der Werkzeuge, ein außergewöhnlich gutes Paar
Fernrohrlinsen und die letzte Drahtrolle. Die Vermummten bewegten sich noch immer nicht, aber die Linsen und der
Draht verschwanden. Das kleine Werkzeug blieb zurück. Einen Augenblick später ließ Kyral die Hand sinken. [ Pobierz caÅ‚ość w formacie PDF ]

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